Die alte Heizung bleibt! 

Wie Oma Merenke die Umwelt auch ohne Wärmepumpe schont.

Von Prof. Dipl.-Ing. Timo Leukefeld

Dämmung, Isolierung, Heizsysteme – die staatlichen Forderungen zur energieeffizienten Sanierung von Bestandsimmobilien sorgen für Unruhe und Unsicherheit bei Deutschlands Hausbesitzern. Verstöße gegen die Neuregelungen zugunsten des Klimaschutzes können hohe Strafen nach sich ziehen. Fest steht: Der Primär- und Endenergieverbrauch soll bis 2030 um rund 500 Milliarden Kilowattstunden gesenkt werden. Bis zum Jahr 2045 soll der Gebäudebestand bundesweit klimaneutral sein. Millionen von Eigentümern, die ein Haus besitzen, das vor 1979, dem Jahr der ersten Wärmeschutzverordnung, errichtet wurde, stehen vor einer folgenreichen Entscheidung: Auf welche Technik setze ich und was wird es mich kosten?

Keine Dämmung, sanierte Fenster, Heizkörper mit hoher Vorlauftemperatur – und jetzt?

Schließlich ist die energetische Sanierung ihres Altbaus für Hausbesitzer vor allem eine Kostenfrage. Gerade bei älteren Immobilien belastet sie in der Regel den Geldbeutel von Rentnerinnen und Rentnern – zu einem Zeitpunkt, wo diese die Notwendigkeit hoher Investitionen nicht mehr erwartet hatten. Der übliche Zustand ihrer Häuser: keine Dämmung, alte oder ggf. schon einmal getauschte Fenster und Heizkörper mit hoher Vorlauftemperatur. Was machen also Oma und Opa Merenke nun mit ihrem 120 Quadratmeter großen Haus von 1969 und ihrem 15 Jahre alten Gas-Heizkessel? Meine Antwort lautet: Erstmal Nichts! - Und nun?

Komplexe Technik fordert ihren Tribut

Erstmal sollten die niedrig hängenden Früchte geerntet werden. Soll heißen: Eine höher hängende Frucht wie die vielbeschworene Wärmepumpe schlägt ohne Förderung durchaus mit Kosten zwischen 25.000 und 40.000 Euro zu Buche – und macht längst nicht bei jedem älteren Haus Sinn. Neben den hohen Investitionskosten zieht sie technisch komplexe Maßnahmen, nach ihrem Einbau hohe Energiekosten (weil Strom 2-3 mal teurer ist als Gas) und nicht zu unterschätzende Instandhaltungskosten nach sich. Bei ihrer Herstellung verursacht sie zudem einen erheblichen CO2-Ausstoß. Die vergangenen Jahre zeigen, dass vielerorts die Wartungs- und Reparaturkosten durch störanfällige Technik steigen. Diese Kosten werden zukünftig die eingesparten Energiekosten übertreffen. Denn komplexe Systeme steigern zwar den Wirkungsgrad, gleichzeitig sinkt aber ihre Widerstandsfähigkeit. Nach meiner Berufsausbildung als Instandhaltungsmechaniker habe ich als Heizungsbauer gearbeitet. Zwischen 1990 und 2000 baute ich etliche neue Öl- und Gasheizkessel in Einfamilienhäuser ein, die noch heute, nach 30 bis 40 Jahren, zuverlässig laufen. Vielleicht muss mal eine Pumpe oder Steuerung erneuert werden, aber im Prinzip sind ältere Heizkessel unverwüstlich, sozusagen wirklich nachhaltig. Heute hält ein neu eingebauter, als nachhaltig zertifizierter Gasbrennwert-, Holzpellet- oder Wärmepumpen-Heizkessel hingegen nur noch rund 15 - 18 Jahre, wie ich aus zahlreichen Gesprächen mit Installateuren und Herstellern weiß. Hinzu kommt: Der herrschende Handwerkermangel treibt die Kosten für Instandhaltung und Reparatur zusätzlich in die Höhe. 

Substanz eines Hauses, seine Energiequellen und ihre Nutzung ganzheitlich betrachten

Energieerzeugung und -nutzung ist eine Frage des Netzmanagements geworden. Wird eine Wärmepumpe an ein altes Heizkörpersystem mit 65 Grad Vorlauftemperatur angeschlossen, sinkt die Effizienz des Systems. Die Folge: Oma und Opa Merenkes Heizkosten steigen. Eine niedrig hängende Frucht am Baum der energetischen Sanierung hingegen ist die Photovoltaikanlage, die mit Sonnenstrom für Heizung, Warmwasser, Haushalt und das Laden des E-Autos sorgt. Mit einer deutlich geringeren Investition von rund 15.000 Euro in eine PV-Anlage mit 10 Kilowatt Peak inklusive Speicher, Installation und Energiemanagement erzielen die Merenkes einen wesentlich höheren Effekt als mit einem kompletten Heizungsaustausch. Die Installation von Solarstrompaneelen auf dem Dach ihres Einfamilienhauses und der Einbau einer Batterie zur Speicherung der Solarenergie stellen sozusagen einen minimal-invasiven Eingriff dar im Vergleich zur aufwändigen Wärmepumpen-Operation. In den alten Warmwasserboiler der Gasheizung wird an einem freien Flansch ein Elektroheizstab speziell für Sonnenstrom nachgerüstet. Fortan kann der Haushalt von Oma und Opa Merenke 80 Prozent seines Warmwasserbedarfs  und Haushaltsstrombedarfs mit der Kraft der Sonne decken. Mehr noch: Infrarot-Heizpaneelen unter der Zimmerdecke in Küche, Bad und Wohnstube heizen das Haus ebenfalls mit Strom aus Sonnenenergie während der Übergangszeit im Frühjahr und Herbst, wenn der Heizbedarf vorhanden, aber noch nicht immens ist. Merenkes können nach Herzenslust ihren Wärmebedarf bedienen, ohne Schuldgefühle oder Sparzwang im Nacken.

Minimal-invasive Eingriffe sind wirtschaftlich und ökologisch

Diese wirtschaftliche und ökologische Lösung erlaubt es, die alte Heizung im Winter weiter zu nutzen, denn Merenkes Heizkessel hat noch eine Lebenserwartung von mindestens weiteren 10 Jahren. Auch ihre Infrarot-Paneelen halten doppelt so lange wie moderne Wärmepumpen und sind wartungsfrei. Der alte Gaskessel läuft dann nur noch während der Wintermonate. Von März bis Oktober deckt die PV-Anlage den kompletten Energiebedarf und macht die Merenkes energetisch unabhängiger. Weiteres Plus: Verfügt die Anlage über eine Notstromoption, dann brennt bei ihnen auch im Falle eines Blackouts Licht, während es in der Nachbarschaft dunkel bleibt. Die moderate Umrüstung bedeutet Gewinn auf ganzer Linie: Die Merenkes schonen die Umwelt und ihr Portemonnaie. Sie sparen je nach Nutzungsverhalten jährlich zwischen 2.000 und 3.000 Euro und reduzieren ihren CO2-Ausstoß bei Heizung, Warmwasser, Haushaltsstrom sowie durchs E-Auto „tanken“. Ihre Investitionskosten amortisieren sich deutlich schneller als bei einer Wärmepumpen-Lösung, der Wert ihrer Immobilie steigt dennoch, darüber hinaus sind Oma und Opa Merenke trotz vorhandener Gasheizung nicht mehr wirklich abhängig von der Preisentwicklung fossiler Brennstoffe, weil ihr Gas- und Strombedarf dank der Solarstromanlage auf dem Dach radikal sinkt. Hinzu kommt, dass die Winter, wegen des Klimawandels, milder und weniger heizintensiv werden.

On top: Kostenlose Mobilität

Und diese Frucht wird den Merenkes besonders schmecken, sozusagen als Schmankerl obendrauf: Es rechnet sich nun für sie, beim nächsten Autokauf ein Elektroauto anzuschaffen oder eines zu leasen, weil sie mit dem selbsterzeugten Strom ihr Auto laden können und wenigstens Dreiviertel des Jahres kostenlose Mobilität gewinnen. Günstiger geht Mobilität nicht. Alles in allem sparen Oma und Opa Merenke also Energiekosten und reduzieren ihren CO2-Ausstoß  – und müssen nicht ihre funktionierende Gasheizung herausreißen und gegen wartungs- und kostenintensive Technik tauschen. Manchmal ist weniger einfach mehr. Monolithische Baukörper, die aus Massivholz oder Ziegeln ohne zusätzliche Dämmung erbaut wurden, erreichen dann tatsächlich einen guten Energiestandard. Wenn das keine guten Nachrichten für Besitzer älterer Bestandsimmobilien sind…

Simulationsergebnisse

In der folgenden Tabelle sind die Eingangsdaten der Simulation bzw. des Kostenvergleiches dargestellt.

Für die punktuelle Nachrüstung von 4 Infrarotpaneelen, die Installation einer Photovoltaikanlage mit 10 kWP Leistung, einem Akku mit 10 kWh Kapazität und Wallbox für die E-Mobilität sowie für die Nachrüstung eines Heizstabes mit Überschusssteuerung zur Warmwasserbereitung werden Kosten in Höhe von 18.500 € veranschlagt. 

Die Nutzenergie für Heizung und Warmwasser, also die Energie, welche benötigt wird, um die Behaglichkeits-anforderungen von Oma und Opa Merenke sowie Hund zu erfüllen, müssen in beiden Varianten 16.400 kWh/a aufgebracht werden.

Durch die Wärme- und Abgasverluste des Heizsystem muss eine höhere Energiemenge aufgewendet werden, um den Nutzenergiebedarf zu decken. Diese Endenergie muss in Form von Gas oder Öl eingekauft werden. 

Für den Kraftstoffeinsatz des Autos (Benzin) müssen bei einer Fahrstrecke von 15.000 km jährlich 2.106 € aufgewendet werden. Instandhaltungskosten sowie Steuern und Versicherung nicht mitgerechnet.

Das Elektroauto benötigt für dieselbe Distanz etwa 3.000 kWh/a. Der Heizstab kann im Jahr etwa 2.900 kWh Überschussstrom in Wärme umwandeln. Der Haushaltsstrombedarf wird jeweils mit 4.000 kWh/a veranschlagt. Dadurch ergeben sich für die Ausgangsvariante ein Strombedarf von 4.000 kWh/a und für die alternative Variante von 9.900 kWh/a. 

Durch die Installation einer PV-Anlage mit Akkusystem sowie den Einsatz eines Heizstabes zur Überschuss-stromnutzung kann ein Teil des Heizwärmebedarfs des Gebäudes gedeckt werden. Der Warmwasserbedarf wird fast vollständig über den selbst erzeugten Solarstrom bereitgestellt. Durch die PV-Anlage kann ein großer Teil des Strombedarfs von 9.900 kWh/a gedeckt werden. 

Daraus ergeben sich ausgeglichene Netzbezugskosten für beide Varianten. Nach der Optimierung werden die Netzbezugskosten durch die Einspeisevergütung geringfügig verringert.

Deutlich zeigt sich das Einsparpotenzial im Bereich der Mobilität. In der Regel können die Kosten für das Leasing des Elektroautos durch die Einsparung bei Steuern, Versicherung, Reperaturen und dem Wertverlust gegenüber den Verbrenner ausgeglichen werden.

In Summe ergibt sich ein Einsparpotenzial von 2.634 €/a. Unter den angenommenen Investitionskosten ergibt sich eine statische Amortisationszeit von 7 Jahren, ohne Berücksichtigung von Fördermitteln.

Zum Autor:

Prof. Dipl. Ing. Timo Leukefeld lehrt an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg und der Dualen Hochschule Glauchau als Einziger in Deutschland das Fach „Vernetzte hochgradig energieautarke Gebäude“. Er ist einer der innovativsten Energieexperten im deutschsprachigen Raum. Die Bundesregierung bezeichnete ihn als Energiebotschafter und die Presse als Energierebell. Mit seinen theoretischen wie praktischen Ingenieurkenntnissen entwickelte er 2010 in einer Pionierleistung das erste bezahlbare und tatsächlich energieautarke Haus Europas. Der mehrfach ausgezeichnete Unternehmer, Autor, Dozent und Keynote Speaker richtet seinen stets offenen Blick auf die Themen Energieversorgung, Ressourcenmanagement und Zukunftsszenarien. Mit seinem Autarkie-Team hat er enttechnisierte hochgradig energieautarke Häuser entwickelt, die in ihrem Betrieb bereits CO2-frei sind. Als integraler Denker vereint Timo Leukefeld in seinen Entwicklungen Ökologie, Ökonomie und Soziales zu gelebter Nachhaltigkeit und fungiert als Mittler zwischen Forschung, Entwicklung und dem ausführenden Handwerk. Er arbeitet zudem als Redner und Denkwandler beim Zukunftsinstitut.

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